Ein Leben für Pferde

Pferdeurlaub an der Nordsee

Spezial. Neues von „Luv & Lü“, dem Blog über Menschen aus dem Wangerland:

Reif für Urlaub? Dann nichts wie ab an die Nordsee! Für alle, die im Alltag immer sehr hart am Puls der Zeit leben, bieten Gerd und Ute Kelterborn einen Ort, um sich mal wieder der eigenen Herzfrequenz zu widmen. Urlaub mit der ganzen Familie auf einem Pferdehof hat seine Vorzüge – auch wenn man nichts mit Pferden am Hut hat. Wer’s nicht glaubt, fragt Gerd Kelterborn, Pferdemensch und „Friesen“-Chef auf dem Frieslandstern in Minsen im Wangerland, jenen Mann, der mehr Pferde in seinem Leben geputzt hat als andere ihre Wohnungen.

Konzentriert zieht Gerd mit dem Gummistriegel weite Kreise auf dem schwarzen Fell von „Gerke“, ein wunderschönes Pferd, während Sonja die anderen Friesen aus den Boxen holt. Der anmutige Hengst hält ganz still und lässt sich alles geduldig gefallen. Er weiß, dass er gleich vor einen Wagen gespannt wird. Das kennt er schon und es scheint ihm zu gefallen, bei Wind und Wetter über die Weiden und Deiche durchs Wattenmeer zu galoppieren.

Pferdehofurlaub an der Nordsee

Der Frieslandstern ist Gestüt und Hotel in einem. Im Jahr 2018 feiert er sein 30-jähriges Bestehen im Besitz der Familie Eden. „Früher, bis 1972 war das Gebäude eine Molkerei, danach alles Mögliche. Von Hundepension bis Wäscherei, bis meine Eltern das Gebäude gekauft haben und ein Hotel daraus bauten“, erzählt uns Ute, die Lebensgefährtin von Gerd. „Wir haben über 200 Gäste pro Tag und 56 Wohneinheiten, die den gesamten Sommer über komplett ausgebucht sind. Familien mit Kindern, Paare mit oder ohne Kinder, Reit-Erfahrene oder Besucher, die Pferde nur von Fotos kennen oder ganze Hochzeitsgesellschaften kommen zu uns. Auf die Friesen dürfen nur Gäste, die auch reiten können. Da bin ich streng. Anfänger können Reitstunden nehmen, und für Kinder haben wir unsere Ponys, die meine Mädchen betreuen“, erzählt Gerd weiter.

Reiten gehört zu den beliebtesten Hobbies der Deutschen und ein eigenes Pferd ist für viele ein lang gehegter Kindheitswunsch. Gerd Kelterborn erfüllt auf seinem Gestüt seinen Gästen diesen und noch viele andere Wünsche. Eins war von Anfang an für uns klar, als wir Gerd und Ute auf ihrem Gestüt besuchten: Gerd ohne seine Friesen, ist so wie Asterix ohne Obelix. Unvorstellbar. „Ich bin von klein auf mit Pferden aufgewachsen. Wir hatten auf unserem Hof in Ostiem (kleiner Ort in Friesland) Oldenburger, Vollblutpferde und Arbeitspferde“, erzählt Gerd.

Gerd hat Landwirt gelernt und hatte immer mit Pferden zu tun. Danach ging er ein paar Jahre zur Marine und dort wurde ihm bewusst: „Nee, alles andere geht nicht. Ich muss was mit Pferden machen!“ Pferde verheißen Freiheit und Abenteuer, verkörpern Kraft und Schnelligkeit, sind anmutig und elegant. Er lernte Bereiter und machte seine Meisterprüfung. Jetzt ist er Pferdewirtschaftsmeister und das ist sein Leben. Gerd erzählt uns, „ich habe nie etwas anderes in meinem Leben gemacht, als Pferde zu reiten, Pferdekutsche zu fahren, Pferde auszubilden und Reiter ausbilden. Irgendwann habe ich mich von meinem Hof in Ostiem getrennt und bin auf den Hof von Ute gekommen. Erst hier habe ich die Friesen kennen- und lieben gelernt“.

Ausritt im Wangerland

Wer schon einmal auf einem Friesen saß und beim Galopp den Wind in den Haaren spürte, weiß, was Freiheit ist. Warum lieben die Gäste vom Frieslandstern insbesondere die Friesen? „Weil Friesen Freiheit verkörpern. Weil es mehr Spaß macht, Friesen zu putzen als das Haus oder das Auto. Weil Friesen Menschen zusammenbringen. Für meinen Job, den ich hier auf dem Hof ausübe sind die Friesen perfekt. Sie sind gutmütig, nicht so wild und die Leute die uns besuchen lieben sie. Die Friesen lassen sich gut reiten, sind zuverlässig und brav“, sagt Gerd.

Und wie sieht so ein Tag auf dem Frieslandstern aus? „Früh morgens stehe ich auf und bereite alles für die Friesenreitstunde und den Ausritt vor. Die Gäste fangen an, ihre Pferde zu putzen, und ich habe dann noch Zeit für einen Kaffee. Danach mache ich mein Pferd fertig und wir gehen auf die Bahn. Um neun Uhr reiten wir alle gemeinsam aus dem Hoftor raus und beginnen mit dem Ausritt. Wir reiten dann mit unseren Gästen an den Strand. Ich habe die Genehmigung und Erlaubnis, als Nationalpark- und Wattführer am Strand oder im Watt zu reiten. Bei Ebbe reiten wir bis zur Fahrrinne in Richtung Vogelschutzinsel „Minsener Oog“. Ein wunderschönes Erlebnis, was man nicht missen möchte“, erzählt Gerd freudestrahlend und stolz.

„Eines Tages kam eine Dame zu mir und wollte am Strand heiraten. Eine tolle Idee, dachten wir und seitdem richten wir mit mehreren Kollegen in Schillig Strandhochzeiten aus. Das macht so viel Spaß und die Gäste sind immer gut gelaunt und sehr aufgeregt“, erzählt Ute. Strandhochzeiten sind im Wangerland sehr beliebt. Kein Wunder, was gibt es Schöneres, als barfuß an einem weißen Sandstrand mit dem Meer im Rücken „ja“ zu sagen! Allerdings sollte man sich frühzeitig um einen Termin im Standesamt Hohenkirchen kümmern. Wenn man diesen hat, ruft man Ute im Frieslandstern an. Dann, so würden die Wangerländer sagen, „löppt dat!“.

Interview mit Gerd Kelterborn und Video auf Luv und Lü

Autorin: Sylke Sdunzig

Fotos: Tom Tautz