Ostengland: Badespaß mit Gespenstern

Urlaub in Norfolk

Foto: Windmühle in den Norfolk Fens

Von der Bucht „The Wash“ im Norden bis zur Themsemündung schiebt sich die 402 Kilometer lange ostenglische Küste wie ein runder Bauch in die Nordsee. Unerbittlich knabbert die See an den Klippen der Ostküste. Bei „The Wash“ dagegen schwemmt die Nordsee großzügig Land an. Hier ist die Landschaft flach und dennoch sehr abwechslungsreich. Unendlich viele Wasserstraßen und Seen sind die Attraktionen der Norfolk Fens und Broads. Sieben große und einige kleine Familienseebäder säumen die Küstenlinie der zu Ostengland gehörenden Grafschaften Norfolk, Suffolk und Essex. Skurile Bauwerke laden in ganz East Anglia zum Übernachten ein und Scharen von Geistern bevölkern die östlichste und wärmste Ecke Englands.

Norfolk

Der Meerbusen „The Wash“ ist ähnlich wie das Wattenmeer geprägt von bei Ebbe trockenfallendem und bei Hochwasser überflutetem Land. Mal dümpelnde, mal auf der Seite liegende Boote, weite Sände und im Sommer violett blühende Salzwiesen prägen das Bild. Das sehr fruchtbare Moor- und Marschland hinter dem Deich, englisch „Fens“, ist von Gräben durchzogen und erinnert mit seinen vielen Windmühlen an Holland. Und Holländer waren es auch, die mit ihrer Pumptechnik im 17. Jahrhundert zu Hilfe geholt wurden, um das Land trocken zu legen. Einige schöne Windmühlen sind in ganz Norfolk anzutreffen: küstennah die Caley Mill bei Heacham, die Cley Windmill bei Blakeney, die Horsey Windpump und die mit neun Stockwerken größte Englands, die Sutton Windmill in den Norfolk Broads.
Flüsse wie der Ouse waren wichtige Handelswege für Torf und Wolle, so dass der Handelshafen Kings Lynn schon im Mittelalter zu großem Reichtum kam. Noch heute weht der Wind des Mittelalters durch die Straßen. Die Stadt blieb von den Weltkriegen weitgehend verschont, dafür litt sie an den Sturmfluten und dem sumpfigen Untergrund, auf dem die Kirchtürme der St. Margaret’s Church in Schieflage geraten sind. Stete Versandung und Verschlickung haben Kings Lynn mit seinem Hafen mittlerweile einige Kilometer ins Landesinnere versetzt. Die Stadt teilt das Schicksal mit weiteren Häfen an diesem Küstenabschnitt, wie Wells-next-the-sea und Blakeney, das ebenfalls ein wichtiger Handelshafen war.
Durch die extremen Anlandungen an den Ufern von „The Wash“ entsteht an der englischen Ostküste das Kuriosum, dass sie eine nach Westen zeigende Küste hat. Heachum liegt hier, das für seine im Sommer lila leuchtenden Lavendelfelder bekannt ist, und Hunstanton mit seinen imposanten 18 Meter hohen, rot und weiß gestreiften Kreideklippen. Hier beginnt der Norfolk Coast Path, der ein Stück weiter nördlich, in Holmes-next-the-sea auf den aus Suffolk kommenden Peddars Way trifft. Der Coast Path folgt auf 45 Kilometern der sehr abwechslungsreichen Küste bis Cromer. Wunderschöne Sandstrände werden von Erholungssuchenden und die vorgelagerten Sande von 500 Seehunden und Kegelrobben bevölkert. Tausende von Seevögeln finden in den Salzwiesen gute Nahrungs- und Brutmöglichkeiten. Fröhlich bemalte Strandhütten säumen den Strand des alten Städtchens Wells-next-the-sea. Morston und Blakeney bieten Bootsausflüge zu den Seehundbänken an. Mit Glück bekommt man die nicht sehr scheuen Tiere auch am Blakeney Point zu sehen, dem Endpunkt eines schmalen, kiesig-sandigen, sechs Kilometer langen Naturschutzgebietes. Bei Weybourne erhebt sich die Küste zu fossilienreichen Klippen, die bis hinter Cromer reichen und als Endmoränen während der Eiszeit entstanden sind. Stetig nagt die Nordsee an den Klippen, so dass überall dramatische Abbrüche zu sehen sind. Cromer ist eines der größeren Ferienressorts von Ostengland, südlich folgen etliche kleinere Badeorte bis Great Yarmouth, das 24 Kilometer lange Sandstrände und reichlich Touristenattraktionen wie das Sea Life Center, Museen und Strandsport bietet. Im Landesinneren lockt das Wasserparadies „The Broads“ Wassersportler an. Die zahlreichen Seen sind durch Torfabbau und nachfolgende Überflutung entstanden. Im Sommer sind sie mit zahllosen weißen Segeln besprenkelt. Doch sie können auch unheimlich sein, wenn sie von dem schlittschuhlaufenden Gespenst und dem Geisterboot heimgesucht werden.

Suffolk

Der Küstenabschnitt von Lowestoft bis Southwold nennt sich Sunrise Coast. Vom östlichsten Punkt Englands ist der Sonnenaufgang hervorragend zu sehen, vorausgesetzt die Sonne scheint und man steht früh genug auf. Weiße Strände, hübsche Piers, kleine Häfen, Shops und Cafes begeistern Scharen von Touristen. Weiter südlich ist die Küste urwüchsig und ökologisch interessant. Viele Naturschutzgebiete sorgen dafür, dass es so bleibt. Die riesige Heidelandschaft Dunwich Heath reicht bis an den Strand. Der Ort Dunwich ist einst im Meer versunken. Einheimische behaupten, sie könnten noch die Kirchenglocken tief aus dem Meer klingen hören. In der Nähe ist das vogelreiche Minsmere Reservat unter Schutz gestellt. Südlich von Aldeburgh bildet der Fluß Alde die größte bewachsene Kiesnehrung Europas: 15 Kilometer zieht sich das Orford Ness Richtung Süden. Nur das Atomkraftwerk Sizewell unterbricht die Ruhe und das Naturerleben. Wer mal in den Wolken schlafen möchte, kann den ehemaligen Wasserturm, das House of the Clouds, in Thorpeness als Ferienhaus mieten.
Typisch für Aldeburgh und Felixstowe sind die im Edwardianischen Stil erbauten Häuser direkt am Kieselstrand, auf dem kleine Fischerboote auf ihren Einsatz warten. Der berühmte Komponist Benjamin Britten hat den Küstenstrich musikalisch geprägt, in Lowestoft geboren, baute er in Snape die Maltings, eine ehemalige Gerstenmälzerei, zu einem Konzertsaal um und wurde in Aldeburgh begraben.

Essex

Harwich südlich der Slourmündung ist einer der wichtigsten englischen Fährhäfen. Von hier aus gehen die Fähren nach Hoek van Holland und Esbjerg in Dänemark ab. In der Nähe des Hafens lohnt der Besuch des Maritime Museum und des Lifeboat Museum.
Das Mündungsgebiet der Flüsse Stourt und Orwell ist ein Refugium der Natur mit seinen Brackwassertümpeln, Salzwiesen und Sandbänken. Südlich beginnt die Sunshine Coast. Walton mit seinen bunten Badehütten, Frinton mit seinen Alleen und Clacton mit seinem beeindruckenden Pier aus dem 19. Jhdt. sind beliebte Badeorte an einer von schmalen Sandstränden gesäumten Küste. Das Mündungsgebiet von Colne und Blackwater lässt geschütztes Badevergnügen an breiten Stränden zu. Brightlingsea, die Insel Mersea und Bradwell liegen hier. Die Themsemündung ist die südliche Grenze von East Anglia. Kilometerlange Strände und das cosmopolitische Southend-on-Sea  sorgen für viel Trubel in den Sommermonaten. Sehenswert ist der mit mehr als 2 Kilometern weltlängste Pier, an dem sogar ein Bähnchen langfährt. Im Sea Life Adventure kann man Haie hautnah erleben, Adventure Island ist das Ziel für Fans von Freizeitparks. Auf der Themseinsel Canvey Island und seinen kleinen Nebeninseln ist es dagegen sehr beschaulich.

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Ausflugsziele in der Umgebung

Nahe Kings Lynn liegt Sandringham House, in dem die Royals ihre Weihnachtsferien verbringen. Interessant sind die Jagdtrophäen und der königliche Fuhrpark seit 1900. In der Nähe steht das Park House, in dem Prinzessin Diana geboren und aufgewachsen ist. Heute ist es zu einem First Class Hotel für behinderte Menschen umgebaut.
Vorsicht ist bei Blickling Hall geboten. Dort taucht schon mal um Mitternacht eine Kutsche mit kopflosen Pferden und Kutscher aus dem Nebel auf, zum Jahrestag ihrer Enthauptung durch ihren Ehemann König Henry VIII am 19. Mai 1536 die kopflose Anne Boleyn, die vermutlich in Blickling Hall geboren ist. Aus Gram soll auch ihr Vater Sir Thomas Boleyn heute noch durch die Hallen spuken.
Die historische Stadt Norwich wird von ihrer gigantischen normannischen Kathedrale überragt. Weitestgehend erhalten ist der mittelalterliche Stadtkern.

Veranstaltungen

Ende Mai/Anfang Juni findet das Suffolk Folk Festival in Ipswitch statt. Auf dem traditionellen Tanzfest sind der von Trommeln und Flöten begleitete Morris Dance zu sehen, der Schwerttanz Rapper Sword und der rhythmische Appalachian Clog.
Das Aldeburgh Festival im Juni ist eins der wichtigen Klassikfestivals der Welt und wurde schon 1947 von Benjamin Britten und weiteren 40 Künstlern initiiert.
Im Sommer finden einige Musikfestivals statt. Besonders interessant sind das Kings Lynn Festival und eines der größten Musikfestivals Europas, das Festival Too in Kings Lynn. Jazz on the Walkway gibt es alljährlich im Juli auf dem Pier von Southend-on-the-sea.
Zur Blütezeit des Lavendels im Juli feiert Heacham alljährlich das Lavendelfestival.
Im August gibt es unterschiedliche Veranstaltungen rund um The Wash von Skegness bis Hunstanton während der Wash-Week. Freunde englischen Biers können im August auf das Beer Festival in Clacton und im Oktober in Norwich gehen.
Überall in England wird im August Karneval gefeiert.
Wird es im Herbst windiger startet die Old Leigh Regatta in Southend.

Autorin: Martina Poggel

Urlaubstipps

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