Halligland – mitten im Meer
Wie Luftschlösser schimmern die Halligen in der Ferne des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeeres. Die kleinen grünen Tupfer werden von knapp 400 Einwohnern und Tausenden von Vögeln bewohnt. Besucher finden soviel beschauliche Ruhe wie sonst kaum an der ganzen Nordseeküste. Selbst auf den größeren Halligen wie Hooge und Langeneß bleibt die Zahl der Gäste überschaubar und wenn die zahlreichen Tagesgäste das Schiff zum Festland bestiegen haben, legt sich wieder eine gelassene Entspannung über die Salzwiesen und Priele.
Tourismus ist für die Hallig-Bewohner die wichtigste Einkommensquelle geworden. Auch der Küstenschutz bietet Arbeitsplätze. Früher verdingten sich die Männer auf Walfängern und die Frauen sorgten für ein kärgliches Leben mit Fischfang und Viehhaltung. Später sorgte die Salzsiederei und die Landwirtschaft für ein geringes Einkommen. Heute gibt es kaum noch Haupterwerbslandwirte. Die meisten Kühe und Schafe, die auf den Halligen das üppige Gras abknabbern, kommen im Sommer als Pensionsvieh vom Festland herüber – mit dem Schiff.
Halligen sind flache, uneingedeichte, grasbewachsene Stücke Land, aus denen künstliche, bis einige Meter hohe Hügel, die Warften, herausragen. Auf ihnen suchen sich die Hallighäuser und ihre Bewohner vor dem Ansturm des „Blanken Hans“ zu schützen. Bis zu 50 mal im Jahr melden die Halligen „Land unter“, dann schauen nur noch die Warften aus der tobenden See, ein besonderes Erlebnis für die Gäste. Wenn es ganz schlimm kommt, können sich die Bewohner in einen auf Betonpfählen ruhenden Raum im ersten Stock zurückziehen.
Von der früheren Westküste Schleswig-Holsteins und Süddänemarks, den Uthlanden, sind nach zahlreichen Sturmfluten der Vergangenheit nur wenige Landflecken im Wattenmeer übriggeblieben: die Halligen und die Marschinseln. Dass sie einmal Festland waren, unterscheidet sie von den nordfriesischen Geestinseln Sylt, Amrum und Föhr und den dänischen Nordseeinseln. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war der Küstenschutz noch nicht sehr effektiv, die Küste änderte sich ständig, so gab es zeitweise bis zu 100 Halligen, die aber von Sturmfluten zerrissen oder mit anderen Halligen durch Abdrift verbunden wurden. Auch danach blieben die Halligen lange ungeschützt und verloren Jahr für Jahr Substanz.
Nicht nur das Meer auch die Halligbewohner selbst dezimierten ihren Lebensraum durch die Gewinnung von Salztorf. Einige der nordfriesischen Halligen und die einzige ostfriesische Hallig Bant waren durch den Abbau so klein geworden, dass sie im 18. Jhdt. den Sturmfluten zum Opfer fielen. Letzte Reste von Bant zwischen Juist und Norddeich verschwanden 1940. Die übriggebliebenen Halligen sind stabil, seit ihre Kanten in den 1960er Jahren mit Steinen befestigt wurden. Die Marschinsel Pellworm, die Halbinsel Nordstrand und das dänische Mandø sind schon früher durch Deiche befestigt worden und deshalb keine Halligen mehr.
Von den 10 deutschen Halligen kann man auf Langeneß, Hooge, Gröde, Nordstrandischmoor und Oland Urlaub machen. Auf Süderoog lebt nur ein Ehepaar. Südfall, Norderoog, Habel und die Hamburger Hallig werden von Naturschutz- und Vogelwarten betreut, sind aber unbewohnt. Süderoog und die unbewohnten Halligen liegen in der Schutzzone 1 des Nationalparks Wattenmeer und dürfen nur mit Genehmigung und im Rahmen einer Führung betreten werden.
Langeneß
Mit 960 ha ist Langeneß die längste der deutschen Halligen und auch die größte. Vor 100 Jahren sind die Halligen Nordmarsch, Butwehl und das damalige Langeneß „zusammengewachsen“. Über einen Lorendamm und die Hallig Oland ist Langeneß mit Dagebüll auf dem Festland verbunden, aber auch mit dem Fährschiff von Schlüttsiel erreichbar Auf den 16 Warften leben 107 Menschen, die sich mit den Touristen und Tausenden von Vögeln die Hallig teilen. Zwei Museen erinnern an vergangene Zeiten, das eine beleuchtet die Salzsiederzeit auf den Halligen. Das Infozentrum der Schutzstation Wattenmeer widmet sich der Natur der Halligen und des Wattenmeeres.
Hooge
Weil die 10 Warften von Hooge von einem Sommerdeich umgeben sind, meldet Hooge nur 2-3 mal im Jahr „Land unter“. Hooge liegt von den bewohnten Halligen am weitesten „draußen“ und wird regelmäßig von einer Fähre aus Schlüttsiel angefahren. Die 110 Menschen leben vor allem vom Tourismus, es gibt aber noch 2 Haupterwerbslandwirte. Auf der größten Warft, der Hanswarft, ist vom Supermarkt bis zum Sturmflutkino alles zu finden. Die Schutzstation Wattenmeer bietet im Biggerhus Ausstellungen und Seminare an. Auf der speziell eingedeichten Kirchwarft steht eine sehr schöne Saalkirche aus dem17.Jhdt. mit einem Boden aus Sand.
Gröde
Halb so groß wie Hooge, hat die Hallig Gröde nur 17 Einwohner auf 2 Warften und ist die kleinste Gemeinde Deutschlands. Der Rest ist Natur. Der größte zusammenhängende Halligfliederbestand der Schleswig-Holsteinischen Westküste sorgt im Juli und August für ein lilablühendes Farbenmeer und lockt Vögel und Touristen an, die Ruhe suchen. Hier ist das Leben besonders beschaulich. Nur unregelmäßig verkehrt die Fähre von Schlüttsiel aus. Der Einkauf, die Post und sogar der Pfarrer kommen mit dem Schiff, allerdings hat Gröde eine eigene Schule mit derzeit 2 Schülern.
Oland
Oland ist die älteste Hallig, auf der das ganze Leben auf einer Warft stattfindet. Kirche, Minischule, Gasthaus, Poststelle und sogar einen Leuchtturm besitzt Oland. Die 29 Einwohner leben vom Tourismus. Sie sind über einen 5 Kilometer langen Lorendamm mit dem Hafen Dagebüll auf dem Festland verbunden. Früher gab es eine Segellore, gesteuert von der Kapitänin Magda Mathiesen. Heute holen die Einwohner ihre Gäste mit Motorloren vom Festland ab.
Nordstrandischmoor
Der 12. Oktober 1634 war der tragische Geburtstag der Hallig Nordstrandischmoor. Die Burchardiflut tobte seit dem Vortag und zerriss die Insel Strand in mehrere Teile. Eins davon wurde Nordstrandischmoor. Die Fluten der folgenden Jahre fraßen stetig an dem kleinen Eiland. Heute hat Nordstrandischmoor 175 Hektar und 18 Einwohner auf 4 Warften, eine Minischule mit integriertem Kirchenraum und ein denkmalgeschütztes Gräberfeld mit Marmorplatten. Sie ist über einen Lorendamm mit dem Festland verbunden.
Süderoog
Das Ehepaar Matthiesen, die einzigen Menschen, die im Schutzgebiet des Nationalparks Wattenmeer leben, bewohnen eine 60 Hektar große Welt, die sie nur mit Boot oder bei Ebbe zu Fuß durch das Watt nach Pellworm verlassen können: die Hallig Süderoog. Sie betreiben eine ökologische Landwirtschaft. Neuerdings können sich Heiratswillige in ihrer guten Stube das Ja-Wort geben.
Südfall
Die 50 Hektar kleine Hallig Südfall gehört den Vögeln. 15 Seevogelarten brüten hier. Besonders die Zwergseeschwalben lieben die Hallig wegen ihres Muschelfeldes. Seit 50 Jahren betreut der Verein Jordsand die Hallig und stellt einen Vogelwart, der im Sommer auf der einzigen Warft wohnt. Bekannt ist Südfall, weil in unmittelbarer Nähe der sagenumwobene Ort Rungholt in der „groten Mandränke“, der zweiten Marcellusflut 1362, untergegangen ist.
Norderoog
Nur 9 Hektar groß zählt Norderoog zu den größten Brutgebieten der Brandseeschwalben in Mitteleuropa und wird deshalb auch gerne als „Vogelhallig“ bezeichnet. Sie gehört dem Verein Jordsand seit 1909. Jeden Sommer kommen Jugendliche aus aller Welt in die internationalen Workcamps des Vereins, um freiwillig Naturschutzarbeit zu leisten.
Habel
Die kleinste Hallig hat nur knapp 7 Hektar. Ein Vogelwart des Vereins Jordsand betreut das kleine Vogelparadies und wohnt dann auf der einzigen Warft. Der hohe Schutzstatus der Hallig erlaubt sonst niemandem den Aufenthalt.
Hamburger Hallig
Schon Mitte des 19. Jhdts. wurde eine Straße zur einstmals Hamburger Kaufleuten gehörenden Hallig gebaut. In der Folge haben sich Sedimente angelagert, so dass heute 550 Hektar Salzwiese die 50 Hektar große Hallig mit dem Festland verbinden. Über die gebührenpflichtige Straße ist die Hallig gut erreichbar und lockt mit Gaststätte, Badestelle und einem sommerlichen Blütenmeer zahlreiche Touristen an. Die große unberührte Salzwiesenlandschaft ist aber vor allem beliebt bei den Brut- und Rastvögeln. So rasten allein im Frühjahr und Herbst allein 30.000 Weißwangengänse. Im Informationszentrum am Deich können sich Interessierte umfassend über die Halligwelt aufklären lassen.
Veranstaltungen
Am 21. Februar werden überall in Nordfriesland, also auch auf den größeren Halligen die Biikefeuer abgebrannt.
Zur Ankunft der Ringelgänse von März bis Mai werden auf den größeren Halligen die Ringelganstage begangen.
In den Sommermonaten bietet Langeneß alle 14 Tage Theateraufführungen.
Im August startet das Hooger Sommerfest und im September der Hooger Trachtensommer.
Autorin: Martina Poggel
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