Nordengland: Kampf um Grenzen und Kohle

Urlaub an der englischen Küste

Foto: Dunstanburgh Castle

Weite Blicke erlaubt die zerklüftete Küste von Nordengland. Das Burgenland Northumberland, das städtische Tyne and Wear, County Durham mit seiner Klippenküste und die Urlaubsrefugien von Tees Valley gehören zur Region Nordengland. Geschichte und Natur liegen hier nah beieinander. Spuren aus der Wikinger- und Römerzeit begegnen den Reisenden auf Schritt und Tritt. Von weitem sind die trutzigen Burgen aus dem Mittelalter auszumachen, direkt daneben liebliche Sandstrände oder Vogelfelsen.

Die zahlreichen, geschlossenen Kohleminen haben noch nicht die Patina längst vergangener Zeiten, gehören aber ebenso zum Landschaftsbild in Nordengland dazu. Sie sind im Durham Minen Museum dokumentiert. Die blutigen Minenarbeiterstreiks, die 1984/85 in allen Kohleabbaugebieten Großbritanniens tobten, konnten die Schließung der meisten Minen nicht verhindern. Die hohe nachfolgende Arbeitslosigkeit hat Nordengland sehr erschüttert. Offshore Windanlagen und der Tourismus sollen die gebeutelte Region wieder aufbauen.

Northumberland

Die schöne historische Stadt Berwick upon Tweed liegt heute südlich der aktuellen Grenze zwischen Schottland und England, die sich über eine lange Zeitepoche mal weiter nördlich, mal weiter südlich befand. So wechselte Berwick 14 mal den Besitzer und gilt als die am häufigsten umkämpfte Stadt Europas. Die Architektur der Stadt mit ihren Festungsanlagen erzählt von dieser bewegten Geschichte. Einige schöne alte Steinbrücken überspannen den Grenzfluß Tweed, nach dem das gleichnamige Textilgewebe benannt ist. Die Herstellung von Tweed ist neben dem Maschinen- und Schiffsbau und der Lachsfischerei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Stadt.

Die Küstenlandschaft der Grenzregion Northumberland verwöhnt mit schönen Sandstränden, doch leider ist die Wassertemperatur der Nordsee in Nordengland auch im Sommer mit ca. 14° C nicht so einladend. Statt dessen lohnt der Besuch einer der mächtigen Festungen, wie das aus rotem Sandstein gebaute Bamburgh Castle. Wer sich als Ritter fühlen möchte, kann mit etwas Glück ein Appartment auf der privat bewohnten Burg mieten. In Bamburgh erzählt das Grace Darling Museum von der Heldentat einer jungen Frau, die 1838 mit 23 Jahren zusammen mit ihrem Vater, dem Leuchtturmwärter von Longstone auf der äußersten Farne Insel, neun Menschen aus einem untergehenden Dampfer rettete.

Etwas südlich und landeinwärts liegt Alnwick Castle, das als Windsor des Nordens bezeichnet wird und durch die Verfilmung der Harry Potter Romane bekannt wurde. Auch Warkworth Castle ist eine beeindruckende Burg am Ufer des Coquet. Hier finden regelmäßig Ritterfeste statt. Imposant auf einem Felsen an der Küste sind die Ruinen von Dunstanburgh Castle weithin zu sehen.

Das Holy Island, Lindisfarne, ist nur bei Ebbe zweimal am Tag über einen Damm erreichbar. Das alte Kloster war zu Zeiten des berühmten Abtes St. Cuthbert 792 n.Chr. von den Wikingern überfallen worden und ist heute verschwunden, zu sehen sind die Steinbögen der Lindisfarne Priory aus dem 11.Jhdt., das Lindisfarne Castle aus dem 16.Jhdt. und natürlich die beeindruckende Natur. Der in Schottland beginnende Fernwanderweg St. Cuthberts Way endet hier. Besonders die teils vom Meer überspülten 15 bis 23 Farne Islands sind für Naturliebhaber ein lohnendes Ziel. Bootstouren werden von Amble oder Seahouses angeboten. Immer wieder öffnen sich Buchten mit feinen Sandstränden und kleinen Urlaubsorten wie Beadnell, dem Fischerort Craster, der für seinen Kipper, kalt geräucherten roten Hering, bekannt ist, und Alnmouth. Zwischen Amble und Cresswell zieht sich die geschützte Dünenlandschaft Druridge Bay über 11 Kilometer hin. Sie lockt vor allem Vogelliebhaber an, denn hier brüten neben vielen anderen Küstenvögeln der seltene Goldregenpfeifer und der Meerstrandläufer.

Tyne and Wear

Das Mündungsgebiet der beiden Flüsse Tyne und Wear ist eng besiedelt. Die Industrie- und Hafenstadt Newcastle Gateshead am Tyne ist reich an Museen und Einkaufsmöglichkeiten. Überregional bedeutend sind das Zentrum für zeitgenössische Kunst BALTIC Centre for Contemporary Art und das Zentrum für Musik Sage Gateshead. Vom Hafen aus fahren die Fähren von Nordengland nach Norwegen und Ijmuiden in den Niederlanden. Ehemals war Newcastle Zentrum des Kohlenbergbaus in Nordengland, dann dominierte die Stahlindustrie. Schiffe wurden gebaut und beeindruckende Brücken, die sich in großer Zahl über den Tyne spannen. Ein besonderes Ingenieurkunstwerk ist die 1928 gebaute und damals mit 162 Metern längste Stahlbogenbrücke Europas. Die spektakuläre Gateshead Millenium Bridge schafft einen modernen Kontrast dazu. Tynemouth liegt wie der Name schon ausdrückt an der Mündung des Tyne. An der exponierten Stelle sind die Ruinen des Tynemouth Castles zu besichtigen. Das Blue Reef Aquarium bietet eine besondere Erfahrungswelt, denn hier spazieren die Besucher unter den Fischen hindurch.

Zwischen South Shields und der Glasstadt Sunderland an dem Fluß Wear öffnet sich die Bebauung an einer imposanten Klippenküste, die noch eine alte Kohlenmine beherbergt: die Whitburn Colliery. Früher hieß sie Marsden Colliery, als es den Ort Marsden noch gab, der nach und nach vom Meer weggespült worden ist. Erhalten sind noch einige viktorianische Minenarbeiterhäuser und der Souter Leuchtturm. In der ehemaligen Mine befindet sich heute das beliebte Lokal „The Grotto“, das über einen in die Klippen gebauten Lift oder eine steile Zickzacktreppe zu erreichen ist. Für die Vogelwelt hatte die Erosion auch ein Gutes: der vorgelagerte Marsden Rock ist ein weltbekannter geschützter Vogelfelsen.

County Durham

Das landwirtschaftlich genutzte Land endet unvermittelt an den Klippen, die senkrecht zur Nordsee abfallen. An ihrem Rand zieht sich ein Wander- und Skulpturenweg entlang. Die beeindruckende Klippenlandschaft der Blackhall Rocks mit Felsen und Gezeitentümpeln ist für ihren Vogelreichtum bekannt. Tausende von Kormoranen dominieren mit ihren zum Trocknen ausgebreiteten Schwingen das Bild. Hier sind wie in der ganzen Region Nordengland Relikte des Kohlenbergbaus zu finden: die stillgelegte Kohlenmine Blackhall Colliery. Besonders der Küstenort Seaham war von den Minenschließungen betroffen. Anfang des 20.Jhdts. war das Fischerdörfchen und der Hafen eigens für den Abbau und die Verschiffung der Kohle ausgebaut worden. Doch der Ort erholt sich wieder und weist eine überdurchschnittliche Wachstumsrate auf. Ein Nobelhotel in der ehemaligen Seaham Hall, eine Strandpromenade mit Skulpturen und die Regeneration der Strände zeigen den Strukturwandel in Richtung Tourismus deutlich.

Tees Valley

Hartlepool ist Standort von 2 Kernkraftwerken, doch trotz dieser industriellen Kulisse haben Sandstrände und Dünen nördlich und südlich des Ortes die Küste von Tees Valley zu einer Bade- und Urlaubsregion gemacht und Hartlepool zu einem Touristen- und Einkaufszentrum. Im Hartlepool Maritim Experience lebt die Seefahrergeschichte des 18. Jhdts. wieder auf. Für Naturliebhaber sind die vogelreichen Seehundbänke Seal Sands in der Mündung des Flusses Tees interessant. Auf der anderen Seite des Tees locken Redcar und Saltburn by the Sea mit hellen Sandstränden und dem Saltburn Schmugglerzentrum. Der Saltburn Cliff Lift bringt die Besucher zum Strand und dem 424 Meter langen Pier aus dem 19. Jhdt., an dem früher mal Dampfer angelegt haben. Heute genießen Touristen den Ausblick auf die Nordsee und die Klippen. In der Nähe von Saltburn kann eine aufgegebene Eisenerzmine besichtigt werden.

Südlich von Saltburn trifft der durch die North York Moors verlaufende Fernwanderweg Cleveland Way auf die Nordsee. Hier beginnt eine beeindruckende Küste mit bis zu 200 Meter hoch aufragenden Klippen, den höchsten Englands bei Boulby. Eine weitere Superlative bietet die Pottasche-Mine von Boulby. Sie ist noch in Betrieb und mit 1100 Metern die tiefste des Landes. Deshalb befindet sich hier auch ein Laboratorium für Teilchenphysik, das auf die absolut ungestörten Bedingungen im Erdinneren angewiesen ist.

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Weitere Ausflugsziele

Das bekannteste römische Bauwerk in Großbritannien ist wohl der Hadrians Wall, den Kaiser Hadrian ab 122 n.Chr. an der Grenze zwischen Britannien und Schottland errichten ließ. Die 122 Kilometer lange, 5 Meter hohe, 3 Meter breite und von mehreren Forts verstärkte Mauer zieht sich einmal quer durch England und erreicht bei Newcastle die Ostküste Nordenglands. Bei Wallsend ist das Römerfort Segedunum noch erhalten.

Südlich von Newcastle wird im Beamish Open Air Museum neuere Geschichte gezeigt. Die Zeit der Kohlearbeiter ist anschaulich nachgestellt mit einer wiederaufgebauten Kohlengrube, einem Arbeiterdorf, einer Farm oder einer Fahrt in der historischen Straßenbahn.

Die in einer Schleife des Wear eingebettete Stadt Durham ist eine besondere Perle der Architektur. 200 Jahre Bauzeit hat die Kathedrale von Durham gebraucht. Mit ihren 3 Türmen thront sie auf einem Felsen am Flussufer. Im Kreuzgang ist der Sarg des schon erwähnten Abtes von Lindisfarne St. Cuthbert aufbewahrt, der das Ziel vieler Pilger ist. Die Burg besteht aus Bauteilen mehrerer Epochen und ist heute Teil der Universität. Über einige alte Steinbrücken kann man den Fluß überqueren oder Ausflugsfahrten mit dem Boot unternehmen.

Middlesbrough am Tees ist durch den berühmten Seefahrer James Cook bekannt. In der Nähe seines Geburtshauses ist sein Leben nachgezeichnet, im nahen Stockton kann man die Replik seiner Bark Endeavour besichtigen.

Autorin: Martina Poggel

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