Weltnaturerbe Wattenmeer
Foto: Florian Pusch/pixelio.de
Bei Ebbe hinterlässt das Wattenmeer den Eindruck einer riesigen Schlickwüste an deren Rand sich die Friesischen Inseln entlang ziehen. Bis auf einige Vogelschwärme erblickt das Auge nichts bemerkenswertes. Und doch ist das Wattenmeer der Nordsee einer der bedeutsamsten und produktivsten Lebensräume der Welt – seit 2009 Weltnaturerbe der UNESCO.
Wer genau hinhört, vernimmt ein Knistern, Schmatzen und Blubbern, verursacht von ca. 4000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten. Einige kommen nur im Watt vor, wie zum Beispiel der Watt- oder Pierwurm. Wie er verbringen die meisten ihr Dasein versteckt. Ein Quadratmeter Schlickwatt beherbergt Millionen Kleinorganismen, unter ihnen über 40.000 Schlickkrebschen und bis zu 270.000 der einen halben Zentimeter kleinen Wattschnecke. Sie bilden die Nahrungsgrundlage für unzählige Vogelarten, die auf den Inseln, den Salzwiesen oder an der Küste ihre Jungen ausbrüten und aufziehen, oder die sich auf dem Rückflug in ihre Brutgebiete die nötigen Fettreserven zulegen.
Das Watt – der härteste Lebensraum für seine Bewohner
Nur im gemäßigten Klima kann sich die typische und sehr spezialisierte Fauna und Flora des Wattenmeeres entwickeln. Insbesondere die Kleinlebewesen haben sich an einen Lebensraum mit extremen Schwankungen angepasst. Durch den Gezeitenwechsel werden sie vollständig vom Salzwasser der See überflutet. Deshalb leben hier überwiegend salzertragende Organismen, die man Halobionten nennt. Durch die Süßwasserzufuhr der Flüsse und durch Regen ändert sich der Salzgehalt ihrer Umgebung ständig. Wenn das Meer während der Ebbe trockenfällt, müssen sie sich zudem vor Austrocknung schützen, indem sie sich entweder in tiefere Schichten zurückziehen oder aber Schalen besitzen, die sie schließen können. Die Temperaturunterschiede sind schon im Tagesverlauf nicht unerheblich, im jahreszeitlichen Wechsel sind sie enorm und können schon mal 40 Grad Celsius Lufttemperatur und 20 Grad Wassertemperatur betragen.
Reichhaltiges Nordseewasser
Die eher schmutzig grünbraune Farbe erhält das Nordseewasser durch den hohen Anteil an Schwebstoffen und -organismen, die teils aus den Flüssen und teils aus dem Meer stammen. Sand und Ton, zerriebene Muschel- und Schneckenschalen, Pflanzenteile und Plankton aus Larvenstadien, Krebschen, Kieselalgen und anderen tierischen und pflanzlichen Einzellern ergeben einen Nahrungsmix für Fische, Stachelhäuter, Krebs- und Weichtiere bei Hochwasser und für Wasservögel bei Niedrigwasser. Das Weltnaturerbe Wattenmeer beherbergt eine komplexe Lebensgemeinschaft, die sich in den Salzwiesen und den Dünenlandschaften der Inseln fortsetzt.
Autorin: Martina Poggel